Wie wird das Thema Business Apps in Zukunft die Arbeit (Prozesse, Verantwortungsbereiche, Aktivitäten, usw.) verändern? Prof. Dr. Kay Peters: Lassen Sie mich das in Analogie zu CRM (Customer Relationship Management) Systemen erklären. Egal bei welchem CRM Thema ein Unternehmen anfängt, am Ende ändern wir alle Strukturen und Prozesse gemeinsam. CRM wird oftmals nur als Software-Thema begriffen, dabei ist es eine Unternehmensphilosophie. Business Apps können zwar als operative Elemente der heutigen Strategie genutzt werden, doch dann werden diese nie entscheidend strategische Marktpositionen verändern. Prof. Dr.-Ing. Frank Mantwill: Ich denke, dass der einzelne Mitarbeiter viel mehr in den Mittelpunkt rückt und stärker seine Organisation verändert. Außerdem wird die IT mehr zum Dienstleister im eigentlichen Sinne werden. Hierbei sind zum einen die Potentialentwicklung der eigenen Köpfe und zum anderen die Stärkung von internen und externen Netzwerken relevant. Jens Konerow: Ich sehe hier auch die Veränderung bei den einzelnen Mitarbeitern. Sie werden ihre Aufgaben zeitnaher erledigen, da sie nun mal überall Zugriff darauf haben. Bei den Apps ist es wichtig den Kontext in dem sich der Benutzer bewegt zu betrachten. Das heißt einen unterschiedlichen Lichteinfall, andere Kontraste oder die Tatsache, dass man mit dem Finger ungenauer arbeitet. Frank Angermannn: Genau! Tägliches Arbeiten wird genau dort erleichtert, wo heute noch Dinge nerven. Vor allem im Bereich People Management (Urlaubsanträge, Krankmeldung, usw.) wird sich die Flexibilität drastisch erhöhen. Michael Rattey: Ich würde sagen, dass eine konsequente Anwendung von digitalem mobilen Arbeiten zur ständigen Möglichkeit zu arbeiten führt. Ob dies von Unternehmen und Mitarbeitern gewünscht ist und ob das arbeitsrechtlich auch möglich ist, ist zu eruieren. Ich denke es werden sich vor allem die Bürozeiten und klassische Arbeitszeiten verändern und zunehmend flexibler werden. Ist das Thema aktuell noch ein Trend oder bereits bei den Unternehmen angekommen? Jens Konerow: Eine Studie von Adobe hat gezeigt, dass heute über 60% der Unternehmen mindestens ein oder zwei Apps verwenden, die ihre Prozesse abbilden. Insofern würde ich sagen, dass das Thema Business Apps angekommen ist. Dennoch wird es in naher Zukunft einen großen Engpass geben, gerade im Hinblick auf die Dienstleister und auch bei den eigenen Ressourcen zur Erstellung von Business Apps, um immer mehr Prozesse abbilden zu können. Prof. Dr. Kay Peters: Dem würde ich widersprechen, ich würde sagen es wird noch ein Trend. Es ist noch lange nicht angekommen. Es geistern viele Hypes durch die Landschaft, aber Digitalisierung ist noch eine lange Reise. Wir fangen gerade erst an. Michael Rattey: Genau, besonders in Deutschland ist das Thema noch nicht angekommen. Prof. Dr.-Ing. Frank Mantwill: Ich würde eher sagen beides. Das hängt mit der Umsetzung der Digitalisierung und der Kultur im Unternehmen zusammen. Der Schlüssel einer effektiven Organisation ist noch nicht gefunden, daher wird aus meiner Beobachtung noch viel experimentiert, was gut ist. Außerdem haben viele Unternehmen noch nicht die erforderliche Datenmenge und vor allem Datenqualität. Das gilt besonders für den technischen Bereich. Im Finanzbereich sieht es da schon besser aus. Dort ist allerdings das Problem der Rollen und Rechte noch zu lösen. Eigentlich ist es eine Frage der Kompetenzen im Unternehmen, die neu geordnet werden müssen. Frank Angermannn: Ich würde eher sagen, ganz unabhängig von dieser Frage ist es Kunden relativ egal wie die Lösung entsteht, solange diese das Ziel erreicht. Ist die Wahl einer Baukastenlösung – im Sinne der Effizienz – günstiger, dann wählt der Kunde die günstigere Lösung. Es gibt momentan viele Trendthemen rund um die Industrie 4.0, wie Internet of Things, Big Data, künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen, um nur einige zu nennen. Wie passen Business Apps dazu?
Prof. Dr.-Ing. Frank Mantwill: Ich denke Business Apps sind mitten drin: Es geht um die Digitalisierung der Unternehmen. Alle Prozesse, nicht nur die der Fertigung und Produktion! Prof. Dr. Kay Peters: Und sie fügen vieles zusammen und sind die Manifestierung all dieser Themen. Jens Konerow: Exakt! Business Apps bieten letztendlich den Zugang zu all diesen Technologien, sei es beispielsweise Internet of Things, um die Sensordaten auszulesen, um Maschinen zu steuern. Big Data genauso: Ich kann Auswertungen direkt, mobil, jederzeit überall abrufen, um die Ergebnisse anzusehen. Insofern sind Business Apps letztendlich die Schnittstelle zwischen den Menschen und all diesen Themen. Michael Rattey: Insbesondere bei halbautomatischen Prozessen und Eingaben spielen mobile Endgeräte und Business Apps eine große Rolle. Business Apps sind folglich auch bei der Transformation hin zur Industrie 4.0 ein wichtiger Enabler. Frank Angermannn: Ich würde eher sagen "Jein". Industrie 4.0 fokussiert sehr auf Individuallösungen und sehr rechenintensive Lösungen (z. B. optische Erkennungsverfahren, Integration von individueller Sensorik, etc.). Wenn es aber um die Kommunikationsschnittstellen zwischen Maschine und Mensch geht und schnelle, individuelle Möglichkeiten für Applikationsschnittstellen gefordert sind (Mitarbeiter im Produktionsworkflow informieren und Feedbackmöglichkeiten schaffen), dann könnten Business Apps im Industrie 4.0-Kontext interessant werden. In welche Richtung könnte sich das Thema zukünftig entwickeln? Was sind Funktionalitäten und Herausforderungen der Zukunft? Michael Rattey: Herausforderungen finden sich vor allem im Datenschutz (Stichwort: „gläserner Mensch“) und im Arbeitsschutz (ständige Erreichbarkeit). Business Apps verschärfen beide Problematiken. In Zukunft sind dezentralere Unternehmen zu erwarten, da alle Tätigkeiten dort verrichtet werden können, wo sie entstehen. Prof. Dr.-Ing. Frank Mantwill: Ich denke, die größte Herausforderung liegt weniger in der Technologie, vielmehr in der Veränderung. Excel hat sich als erstes, individuelles „APP-Tool“ von der Basis aus durchsetzen können. Das hat Jahrzehnte gebraucht. Kulturwandel braucht rund 5 Jahre, so die Forschung. Gibt es eine Abkürzung? Ich kenne keine. Prof. Dr. Kay Peters: Leider bin ich kein Hellseher. Wollen wir nicht erst einmal damit anfangen, dass alle das Thema in den Grundzügen und dessen Implikationen verstehen? Das liebe ich hier im Silicon Valley und immer mehr auch in Hamburg/Berlin: Lasst uns doch einfach mal anfangen und nicht spekulieren. Frank Angermannn: Ich glaube in Zukunft muss auch eine Community entstehen, die komplexe Module von Business Apps entwickelt und vorantreibt.
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