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Geschäftsprozesse smart mit Process Mining managen

8/29/2019

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Durch den technologischen Fortschritt nimmt der Einsatz von Informationssystemen, wie beispielweise Enterprise Resource Planning Systeme (ERP) oder Customer Relationship Management Systeme (CRM), zur computergestützten und automatisierten Verarbeitung von Prozessabläufen, zu. Häufig sind diese Prozesse im Zuge des digitalen Wandels vielfach verändert und zunehmend vernetzt worden. Diese sich zunehmend beschleunigenden Veränderungen sind zugleich Chance wie auch Herausforderung für bestehende Unternehmen. Dieser Wandel erfordert insbesondere ein tiefes und umfassendes Verständnis der eigenen Prozesse. In diesem Kontext spielt das Process Mining eine grundlegende Rolle: Es macht sich die fortschreitende Digitalisierung zum Nutzen, um Geschäftsprozesse smart, schnell und einfach zu managen [1]. 
Die Prozessausführungen hinterlassen „digitale Spuren“ und werden in Ereignislogs (event logs) festgehalten und protokolliert (Abb. 1). Jedes Ereignis eines Prozessschritts (Aktivität) wird eindeutig einer Prozessinstanz (Fall ID) zugeordnet. Ereignislogdaten können weitere Informationen enthalten, wie zum Beispiel Ressourcen (etwa Personen oder Geräte), die die Aktivität durchführen, den Zeitstempel des Ereignisses oder zu dem Ereignis gehörende Datenelemente (bspw. Auftragskosten) [2]. 
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Abb. 1: Aufbau eines Ereignislogs als Ausgangspunkt für Process Mining. In jenem sind die digitalen Spuren von ausgeführten Prozessen hinterlegt. 
Die Herausforderung besteht darin, diese Ereignisdaten in einer geeigneten Form nutzbar zu machen, um zum Beispiel Vorgänge besser zu verstehen, Vertragsverletzungen aufzuzeigen, Empfehlungen vorzuschlagen, Vorhersagen zu treffen, soziale bzw. organisatorische Netzwerke zu erkennen, Prozesse zu optimieren und vieles mehr.  

Process Mining

Prozessmodelle zeichnen sich durch Nebenläufigkeit aus und können nicht mit den gängigen Techniken des Data Mining wie Entscheidungsbäume und Assoziationsregeln analysiert werden. Im Gegensatz zu Process Mining sind die Data Mining Methoden nicht prozessorientiert. Die junge Disziplin Process Mining stellt die Schnittstelle zwischen maschineller Intelligenz und Data Mining auf der einen Seite und die Prozessmodellierung und Analyse auf der anderen Seite dar. Die Grundidee von Process Mining ist es, reale Prozessverläufe durch Extrahieren von Wissen aus Ereignislogs heutiger Informationssysteme zu erkennen, zu überwachen und zu verbessern [2].
Mit den Techniken des Process Mining lassen sich folgende Ziele erreichen (Abb. 2):
  1. Automatisiert Prozesse erkennen,
    also mit Hilfe von Algorithmen eine treffende Beschreibung aller Ausführungspfade (Abfolge von Aktivitäten in einem Ereignislog) zu finden. Das erzeugte Prozessmodell ist oftmals ein Petri-Netz oder BPMN-Modell [3].
  2. Auf Übereinstimmung überprüfen,
    sodass ein Vergleich des SOLL-Zustands und des IST-Zustands ermöglicht wird [4].
  3. Engpässe analysieren, Prozessvarianten vergleichen, Verbesserungen vorschlagen [5].
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Abb. 2: Drei Typen von Verfahren des Process Mining mit ihren Ein- und Ausgaben: a) Erkennung, b) Konformitätsprüfung und c) Erweiterung [6].
Es können unterschiedliche Aspekte eines Prozesses analysiert werden, wie zum Beispiel der Kontrollfluss, d.h. die Abfolge von Aktivitäten, die Organisationsstruktur der Prozessteilnehmer, die verarbeiteten Datenobjekte oder auch die zeitliche Performanz der ausgeführten Prozesse [5, 6]. Derartige Informationen lassen sich in einer Process Map visualisieren. Ein Beispiel für ein Prozessmodell aus der Perspektive des Kontrollflusses und der Übergabezeiten ist in Abbildung 3 dargestellt. Über die verwendete Linienstärke einzelner Verbindungen wird die Häufigkeit bzw. die Dauer visualisiert, ebenso kann eine Simulation des Prozessablaufs einzelner Fälle ausgeführt werden. 
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Abb. 3: Beispiel für eine Process Map (mit der Software Disco, https://fluxicon.com/disco).  

Anwendungen für Unternehmen

Bei der Anwendung von Process Mining entfällt der Aufwand für die manuelle Erstellung eines Prozessmodells, die extrahierten Prozessmodelle sind zudem wirklichkeitstreu (reflektieren den tatsächlichen Prozessablauf). In den Punkten Geschwindigkeit und Genauigkeit bietet Process Mining demnach wesentliche Vorteile gegenüber traditionellen Ansätzen zur Erstellung von Prozessmodellen. Aus diesen Anforderungen ergibt sich für Unternehmen zweifellos ein großes Interesse daran, Einblick in die komplexen und wenig transparenten Prozessabläufe zu erhalten und zu erkennen, wie idealisierte Prozesse (SOLL-Zustand) tatsächlich ausgeführt werden (IST-Zustand). Hieraus lassen sich beispielsweise Verbesserungsvorschläge für ein Process Redesign ableiten. So kann der Nutzeneffekt bei Problemlösungs- und Entscheidungsfähigkeit vergrößert werden [6].
Eine bessere Produktivität sowie eine höhere Kosteneffizienz kann durch die durchgängige Analyse von Ereignisdaten aus den betrachteten Prozessketten gesichert werden. Daher eignet sich Process Mining insbesondere für Unternehmen in den Bereichen:
  • Industrie 4.0, Digitalisierung, Digitale Transformation,
  • Geschäftsprozessmanagement,
  • Governance, Risikomanagement, Compliance,
  • Business Analysis, Business Intelligence,
  • Business Optimization,
oder ähnlichem Umfeld [1].
So trägt Process Mining zum Beispiel für das Themengebiet Governance-, Risk- und Compliance-Management – mit seinem hohem Dokumentations- und Audit-Aufwand –  dazu bei, dass die Geschäftsabläufe, Zertifizierungen und Regelwerken uvm. transparent dokumentiert werden. Anhand der Reihenfolge von Aktivitäten sowie den Ressourcen lässt sich darüber hinaus überprüfen, ob die definierten Geschäftsabläufe und Richtlinien eingehalten werden.
 
Für den Bereich Business Analysis lässt sich Process Mining nutzen, um ein Bild des Ressourceneinsatzes bezogen auf die tatsächlichen Vorgänge, den Automatisierungsgrad der Prozesse und einen Überblick über die genutzten Systeme zu erhalten, sowie neue digitale Geschäftsmodelle zu designen (agiles Geschäftsprozess-Management) [1].

Zusammenfassung und Ausblick

Auch bei der Einführung von Process Mining gilt der Grundsatz „think big, start small“. Die Erfolge von Process Mining sind in erster Linie mit der gewonnenen Prozesstransparenz zu verbinden. Process Mining ist eine starke Analysemethode, um Potenziale der Durchlaufzeiten-Optimierung aufzudecken oder störende Prozessschleifen uvm. zu erkennen.
Die Marktexperten von Gartner haben in ihrem erschienenen Report „Market Guide for Process Mining“ [7] die Relevanz von Process Mining als Strategie in einer digitalen Unternehmensentwicklung nochmal untermauert und erwarten noch einen stärkeren Technologie-Trend für das Jahr 2019. Durch die stetige Weiterentwicklung von Machine Learning und Deep Learning Algorithmen, die zum Beispiel selbstständig Prozessmuster auf Anomalien hin untersuchen, wird Process Mining zusammen mit Robotic Process Automation (RPA) neue Dimensionen erlangen, sodass ein verstärkter Einsatz, insbesondere in der Produktion und Logistik, absehbar ist.  

Quellen

Peters, R., Nauroth, M. (2019): Process-Mining, Geschäftsprozesse: smart, schnell, einfach, Wiesbaden: Springer-Verlag.
 
IEEE Task Force on Process Mining (2011): Process Mining Manifest,
https://www.win.tue.nl/ieeetfpm/lib/exe/fetch.php?media=shared:pmm-german-v1.pdf,
aufgerufen am 13. Mai 2019.
 
Dumas, M., La Rosa, M., Mendling, J., Reijers, H. A. (2018): Fundamentals of Business Process Management, 2. Ed., Berlin: Springer-Verlag.
 
Josep Carmona, J., van Dongen, B., Solti, A., Weidlich, M. (2018): Conformance Checking:
Relating Processes and Models, Cham: Springer-Verlag.
 
van der Aalst, W. (2016): Process Mining: Data Science in Action, 2. Ed., Berlin · Heidelberg: Springer-Verlag.
 
Mavraj, G., Scheele, S., Mantwill, F. (2018): Analyse eines Produktentwicklungsprozesses mit Process Mining, in: Krause, D., Paetzold, K., Wartzack (Hrsg.): Design for X: Beiträge zum 29. DfX-Symposium, September 2018, Tutzingen: Hamburg Tutech Verlag, S. 239-250.

Kerremans, M. (2018): Market Guide for Process Mining, Gartner Inc.

Gazmend Mavraj

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Gazmend Mavraj hat Mathematik und Physik an der Universität Hamburg studiert und ist aktuell wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Helmut-Schmidt-Universität/ Universität der Bundeswehr Hamburg, Professur für Maschinenelemente und Rechnergestützte Produktentwicklung (MRP). In seinem Forschungsgebiet beschäftigt er sich unter anderem mit Process Mining, Maschinelles Lernen und Digitale Transformation.
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Der Expertenkreis Business Apps gründete sich im  Sommer 2017. Der Auslöser war eine Mittagspause an den Landungsbrücken. Hier wurden die Ergebnisse von Michael Ratteys Masterarbeit diskutiert.  Wir stellten uns die Frage, wie wissenschaftliche Ergebnisse und die tatsächlichen Anforderungen  der Unternehmen zusammenspielen. Nach einiger Recherche war klar: Das Thema Business Apps ist in aller Munde, aber an Expertenmeinungen und konkreten Fallbeispielen mangelt es.  Auf der anderen Seite sind Unternehmensanwendungen sowohl in der Praxis, als auch in der Forschung stark gefragt. So gelang es  innerhalb kürzester Zeit, die ersten renommierten Experten für dieses Projekt zu gewinnen.  Unser gemeinsames Ziel ist es, das Thema Business Apps unabhängig und unternehmensübergreifend  aufzubereiten. In unserem Blog sammeln wir interessante Beiträge und Diskussionen. Unsere Qualitätsrichtlinien  →
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