Autorin: Ksenia Kuritsyna Was ist Customer Intelligence und warum gewinnt es immer mehr an Bedeutung? Nach der Definition von BigData Insider Magazin bedeutet der Begriff Customer Intelligence „Verfahren zum Sammeln und Analysieren von Kundendaten. Ziele von Customer Intelligence sind engere Kundenbindungen und größerer geschäftlicher Erfolg durch ein besseres Verständnis des Kundenverhaltens. Die gewonnenen Informationen werden unter anderem als Entscheidungshilfen für strategische Unternehmensentscheidungen herangezogen.“[1] CI gehört zu den wichtigsten Bereichen der digitalen Weiterentwicklung der Finanzindustrie. Heutzutage werden (digitale) Angebote an die Bedürfnisse der Endkunden angepasst, da diese am Ende entscheiden welches Produkt gekauft wird. Im Rahmen der Erarbeitung eines neuen Angebots für den Endnutzer, sind individuelle Kundeninformationen die wichtigste Quelle. Aus Sicht von CI, entsteht die logische Frage: sind individuelle Bezahl-Apps genau das was die Kunden wollen oder wäre es bequemer alle Dienstleistungen unter „einem Hut“ bzw. auf einer Plattform zu haben? Welche Vorteile ergeben sich aus der Teilung einer zentralen Lösung in separate Einzellösungen von mobilen Bezahl-Apps für iOS und Android? Die PwC-Studie zum Thema „Mobile Payment Report 2017, What customers really want“[2] beweist: die Nutzer finden standardisierte digitale Lösungen eindeutig bequemer. Das Etablieren der mobilen Zahlungen hat großes Potenzial in Deutschland. Das zeigt auch die genannte Studie. Denn 55% der befragten Personen sind potentielle Nutzer einer standardisierten zentralen mobilen Bezahllösung. Aus dieser Aussage lässt sich ableiten, dass die Umsetzung einzelner Apps von Banken für mobile Zahlungen langfristig gesehen keine effektive Lösung ist. Die Notwendigkeit beispielsweise für die Sparkasse, unterschiedliche, nicht-standardisierte und dadurch zu komplizierte Lösungen für iOS und Android anzubieten, wird die Kunden langfristig nicht befriedigen. Darüber hinaus gibt es noch einen zweiten wichtigen Trend zu beachten: Experten von Roland Berger und Investors Marketing sind sich darin einig, dass die Tendenz zur sogenannten Plattformökonomie [3] die fortlaufende Digitalisierung der Industrie revolutionieren wird [4]. D.h., eigene Lösungen einzelner Anbieter werden schrittweise an Bedeutung verlieren. Das beweisen bspw. auch Plattformen aus dem Hotelgewerbe oder dem Car-Sharing. Der Bedarf von Plattform-Lösungen, die Angebote von mehreren Dienstleistern zusammengefasst darstellen ist da und wird in Zukunft auch digitale Lösungen der Finanzindustrie beeinflussen. Auf den ersten Blick sieht die Tendenz, den Markt mit anderen Spielern zu teilen, für die Banken nicht attraktiv aus. Jedoch kann sich daraus eine Chance für eine bessere Marktdurchdringung ergeben. „Wichtig ist, dass Plattformen mit Vermittlergeschäft neutral sind“, sagt Berater Mihm aus Roland Berger in Interview für das Handelsblatt [5]. „Eine Plattform, die nur die Produkte einer Bank oder einer Bankengruppe anbiete, greife zu kurz. Die Kunden würden erwarten, dass sie Informationen zu einer Vielfalt von Produkten verschiedener Anbieter erhalten“. Plattformen sind erst dann erfolgreich, wenn mehrere Spieler ihre Dienstleistungen dort anbieten können. Eine Plattform die sich in einem permanenten Weiterentwicklungsprozess auf die Abbildung von Kundenbedürfnissen fokussiert, sollte auch für mobile Bezahl-Apps realisiert werden. D.h. die Banken können sich vereinen und nicht nur eine gemeinsame Bezahlplattform von mehreren Dienstleistern erschaffen, sondern unterschiedliche Art Zahlungsmöglichkeiten in einer App unterstützen und sogar – bei Interesse der Kunden – mehrere Bankfunktionen/Operationen anbieten. Was der Umsetzung einer solchen Plattform im Wege stehen kann sehen wir am Beispiel Apple Pay. Aufgrund hoher Datenschutzanforderungen sowie langer Verhandlungen über Bankgebühren zog sich die Einführung von Apple Pay über einen langen Zeitraum hin. Sogar nach der Einführung von Apple Pay sind noch nicht alle Teilnehmer mit den Verhandlungsergebnissen zufrieden. Die Banken könnten alternativ versuchen, selbst eine neue Lösung für den deutschen Markt zu finden – aber das geht erst, wenn sie sich über die entsprechenden Gebühren einigen. NFC wird als Schlüsseltechnologie für mobile Zahlungen bestehen bleiben. Jedoch wird es in Deutschland für in-store Zahlungen laut der erwähnten PwC-Studie [6] auch andere Lösungen geben. Dazu gehören bspw. Quick Response (QR-) Codes, Infrared (IR) oder Bluetooth Low Energy (BLE). Die Zusammenarbeit von Banken kann damit zum Erfolgsschlüssel für ein eigenes mobiles Zahlungssystem bzw. eigene Zahlungsplattform in Deutschland werden. Das Potenzial eines Zahlungssystems auf Basis von QR-Codes hat man in China schon für sich entdeckt. Das bestätigt Simon Long in seinem Artikel "The Chinese are coming. You will recognize them by their QR codes" für The Economist Magazin [7]. Zwei chinesische Zahlungssysteme, Alipay und WeChatPay, funktionieren mit QR-Codes. Benötigt wird dafür nur ein Smartphone und das scheint zu funktionieren, denn bereits über 870 Millionen Menschen nutzen diese Zahlapp (die Anzahl zeigt die Statistik für Alipay alleine). Zusammen mit Alipay hat auch das finnische Unternehmen ePassi ein Zahlungssystem mit QR-Codes erarbeitet und eingeführt. Daraus lassen sich verschiedene Schlussfolgerungen ziehen. Einerseits entwickelt sich der Markt szu schnell, um komplizierte Lösungen anzubieten, die nicht langfristig bestehen können. Des weiteren sollten Marktteilnehmer in Deutschland auf Änderungen und Trends im digitalen Bereich schneller reagieren, um nicht dem Zug für globale Veränderungen hinterherlaufen zu müssen. Vor der Erarbeitung eines neuen Produktes gilt es allem voran die Bedürfnisse der Endkunden der Banken mit einzubeziehen: Einfachheit, Geschwindigkeit der Bearbeitung und Sicherheit (=Datenschutz). Damit das realisierbar wird, sind auch die Änderungen von Geschäftsprozessen erforderlich, was wir in unserem letzten Artikel schon ersichtlich aufgezeigt haben. Zusätzlich kann geschlussfolgert werden, dass das Spielfeld schrittweise zu kompliziert und fragmentiert wird, um Alleinkämpfer zu bleiben. Die Entwicklung in der Finanzindustrie wird in Zukunft zunehmend von der Kooperation mit anderen Marktteilnehmern abhängen. Statt als Konkurrenz getrennt zu agieren sollten die Parteien lieber zusammenarbeiten und gemeinsam neue Regeln festlegen. --- [3] In seinem Blogartikel "Digitale Geschäftsmodelle und Plattformökonomie" für LinkedIn, erklärt Kurt Brand den Begriff der Plattformökonomie so: "Es geht bei der Plattformökonomie also primär darum, dass sich Firmen vom konventionellen Denkmuster "mein" Produkt" oder "mein" Service weiterentwickeln zu einem Vermittler und Koordinator verschiedener Partner (Kunden, Lieferanten oder sogar Wettbewerber). Die wesentliche Aufgabe eines Plattformunternehmens besteht nicht (mehr) darin, neue Produkte zu entwickeln oder zu optimieren, sondern Transaktionen zwischen den beteiligten Partner zu organisieren - und zwar so, dass alle Partner im Rahmen von Wertschöpfungsnetzwerken ("Value Creation Networks") davon profitieren. Digitale Plattformen sind wichtige Wachstums- und Innovationstreiber, da sie Marktzugänge verändern." quellen [1] Tutanch, Nico Litzel. Was ist Customer Intelligence? BigData Insider, 14.07.17. [2] Prof. Dr. Beutin Nikolas, Schadbach Dagmar. Mobile Payment Report 2017. What Cutomers really want. May 2017 [3] Brand, Kurt. Digitale Geschäftsmodelle und Plattformökonomie. LinkedIn, 6.09.2017 [4], [5] Atzler Elisabeth, Maisch Michael: Banken hinken beim Umbau ihrer Geschäftsmodelle für die neue digitale Bankenwelt hinterher. Handelsblatt, 26.08.2018. [6] Courbe Julian, Garvey John. Financial Services Technology 2020 and Beyond: Embracing Disruption (in Englisch). PwC-Studie. [7] The Economist. Long Simon. The Chinese are coming. You will recognize them by their QR codes. The Economist. The World in 2019. Januar 2019 Autorin Ksenia Kuritsyna
0 Kommentare
Hinterlasse eine Antwort. |
Kategorien
Alle
Archiv
November 2019
Unsere Empfehlung
Digitales Wirtschaftswunder |